Weekly Wisdom

Introvertiert, extrovertiert oder ambivertiert?

Was die einzelnen Begriffe bedeuten, worin sie sich unterscheiden und warum es vorteilhaft ist, den eigenen Bereich zu kennen.

1.253 Wörter / 7 Minuten Lesezeit

von | Mai 2, 2025

Die Persönlichkeit.

Das Thema Persönlichkeit ist vielstschichtig und komplex. Persönlichkeitsmodelle haben das Ziel, die Struktur, Merkmale und Unterschiede der menschlichen Persönlichkeit zu beschreiben und zu erklären. Sie helfen, individuelle Verhaltensweisen, Einstellungen und Präferenzen zu verstehen und zu kategorisieren. Diese sind eine Simplifizierung der Realität und können individuelle Feinheiten nicht berücksichtigen.

Wichtige Faktoren in den meisten Persönlichkeitsmodellen sind Introversion, Extraversion und oft auch Ambiversion. Beim aktuell häufig verwendeten Modell Big Five beispielsweise stellt dieser Bereich einen von fünf Faktoren dar. Introversion, Extraversion und Ambiversion unterscheiden sich primär hinsichtlich bezüglich Energiequelle, Verhalten, soziale Interaktion und Anpassungsfähigkeit.

Das Wissen, ob du stärker extrovertiert, introvertiert oder ambivertiert bist, unterstützt dich sowohl im privaten als auch im beruflichen Sektor. Speziell für Studien- und Berufswahl ist dieser Faktor ein wichtiger Indikator und hilft bei der Entscheidungsfindung. Verschiedene Aufgaben und Berufe eignen sich unterschiedlich gut für die einzelne Faktorenausprägung. Sich selbst gut zu kennen, ist ein Schlüsselelement, um das eigene Potenzial zu entfalten, erfolgreich mit anderen zu interagieren und sowohl privat als auch beruflich zufriedener zu leben.

Introvertiert, extrovertiert oder ambivertiert?

Introvertiert. Menschen mit einer hohen Ausprägung im Bereich Introversion gewinnen ihre Energie primär aus Ruhe und Alleinsein. Soziale Interaktionen kosten oft viel Kraft und erschöpfen diese. Sie können meist als ruhig, zurückhaltend, nachdenklich und sensibel beschrieben werden. Kleine Gruppen oder Einzelkontakte werden bevorzugt, große, fremde Runden meist gemieden. Feste Routinen und bekannte Umgebungen werden präferiert.

Extravertiert. Im Gegensatz dazu gewinnen eher extravertierte Menschen ihre Energie durch Gesellschaft und Austausch mit anderen. Sie werden oft als offen, gesellig, impulsiv, laut und durchsetzungsfähig bezeichnet. Sie suchen aktiv Kontakt, fühlen sich in Gruppen wohl, lieben Smalltalk. 

Ambivertiert. Unter ambivertiert versteht man eine Persönlichkeit, die sowohl introvertierte als auch extrovertierte Eigenschaften hat und je nach Situation flexibel zwischen diesen beiden Polen wechselt. Sie passen ihr Verhalten situativ an: Manchmal verhalten sie sich offen, kontaktfreudig und stehen im Mittelpunkt, in einer anderen Situation ziehen sie sich zurück und beobachten lieber. Sie können aus beidem Energie beziehen und wählen je nach Situation und Gefühl, was ihnen guttut. Sie haben eine hohe Anpassungsfähigkeit und können sich schnell auf unterschiedliche Menschen und Situationen einstellen.  Sie können sich gut in andere hineinversetzen und erkennen schnell, welche Bedürfnisse und Stimmungen ihr Gegenüber hat. Aufmerksames Zuhören und aktives Kommunizieren liegen ihnen gleichermaßen. 

 

Quellen:

Grant, Adam (2016): Originals: How Non-Conformists Move the World. Penguin Books

Eysenck, Hans Jürgen (1947): Dimensions of Personality. London: K. Paul, Trench, Trubner.

https://bigfive-test.com/de

 

DAILY INSPIRATION

Weekly Wisdom

Kognitive Verzerrungen / Cognitive Bias:

Was man darunter versteht, welche man kennen sollte und wie sie unsere Wahrnehmung, unser Denken und unser Verhalten beeinflussen.

 

678  Wörter / 4 Minuten Lesezeit

von | Mai 2, 2025

Wer weiß es besser? Aus dem Alltag.
Die Diskussion ist gewohnt angeregt. Das aktuelle Thema liegt im Bereich „Allgemeines“, niemand der anwesenden Diskutanten bringt besondere Fachkompetenzen oder intensive berufliche Erfahrungen im Themenfeld mit. Zwei aus der Runde nehmen mit vollster Überzeugung gegensätzliche Positionen ein und verteidigen diese hitzig. Beide sind absolut davon überzeugt, die Situation richtig einzuschätzen und beharren auf ihrem Standpunkt. Die Emotionen gehen hoch, die Diskussionskultur ist schwierig. Wer liegt richtig? Oder liegt eventuell keiner der beiden richtig? Oder beide in Teilbereichen? 
Für die psychologischen Prozesse dahinter gibt es einige Erklärungen. 
Was versteht man unter Kognitiven Verzerrungen?
Kognitive Verzerrungen oder Cognitive Bias ist ein Begriff aus der kognitiven Psychologie (lat. cognoscere: wissen, wahrnehmen).  Generell geht es in diesem wichtigen Bereich der Psychologie um mentale Prozesse wie Wahrnehmung, Gedächtnis, Denken, Sprache und Entscheidungsfindung. Der Fokus liegt darauf, wie Menschen Informationen wahrnehmen, verarbeiten, speichern und anwenden.

Kognitive Verzerrungen sind systematische Denkfehler, die unbewusst und automatisch ablaufen. Sie verzerren unsere Wahrnehmung der Realität, unsere Beurteilungen der Situation und unser Entscheidungen. Verstärkt treten sie unter Stress, Müdigkeit oder Unsicherheit auf, aber nicht nur dann.

Welche sollte man kennen und warum?
Laut John Manoogian III beispielsweise gibt es über 180 (!) kognitive Verzerrungen, bekannt als der Cognitive Bias Codex. Es handelt sich dabei um eine visuelle Darstellung in Form eines Kreisdiagramms, die unterschiedlichste Cognitive Biases kategorisiert und organisiert. Welche sind besonders weit verbreitet? Confirmation Bias, Status Quo Bias, Groupthink, False Memory Bias, Overthinking sind nur einige davon. Im oben genannten Beispiel könnten der Overconfidence Bias (Selbstüberschätzung) oder der Dunning-Kruger-Effekt relevant sein. Overconfidence Bias besagt, dass Menschen dazu neigen dazu, ihr eigenes Wissen oder ihre Fähigkeiten zu überschätzen. Beim Dunning-Kruger-Effekt (Unwissenheit in Kombination mit Selbstüberschätzung) steht im Mittelpunkt, dass Menschen mit geringem Wissen oder Kompetenz in einem Bereich ihre Fähigkeiten überschätzen, während Experten ihre eigene Kompetenz oft unterschätzen. Auch Dogmatismus könnte in Frage kommen, d.h. ein starres Festhalten an eigenen Überzeugungen und dem eigenen Weltbild. Die persönliche Perspektive kann nicht hinterfragt werden.

Warum macht es Sinn, über kognitive Verzerrung Bescheid zu wissen?

Die Relevanz von Cognitive Biases für unseren Alltag ist hoch. Wer über kognitive Verzerrungen informiert ist, kann die eigene Wahrnehmung bewusster gestalten, bessere Entscheidungen treffen und Manipulationen durch andere erkennen. Kommunikation gelingt besser, in Konflikten kann die Lösung leichter gelingen.  

 

Quelle:

Kahnemann, Daniel: Schnelles Denken, langsames Denken (2011)

Manoogian, John: Cognitive Bias Codex 

Watzlawick, Paul: Wie wirklich ist die Wirklichkeit. (1976)

David Robson: The Intelligence Trap (2019)